Nachgehakt bei Stefan Studt - Innere Herausforderungen in SH
Zum Höhepunkt der „Flüchtlingskrise“ im Herbst 2015 veranstaltete die Hochschulgruppe für Sicherheitspolitik an der CAU eine Podiumsdiskussion zu dem Thema mit verschiedenen Gästen – unter ihnen der Innenminister des Landes Schleswig-Holstein Stefan Studt (SPD), der damals wegen terminlichen Gründen nicht der gesamten Veranstaltung beiwohnen konnte. Dies, und die veränderte Sicherheitslage in Deutschland und auch im „echten Norden“, war für uns Anlass, den Minister erneut einzuladen; nicht nur um über die Erfolge und Defizite in der Flüchtlingspolitik des vergangen Jahres zu sprechen, sondern auch um über aktuelle Herausforderungen für die innere Sicherheit in Schleswig-Holstein zu diskutieren.
In seinem Vortrag ging der Innenminister zunächst auf die gute Leistung aller Beteiligten in der Bewältigung der Flüchtlingskrise ein, insbesondere lobte er die vielen Initiativen, die es auch in Kiel gegeben hat. Gleichwohl gebe es immer noch viele offene Asylanträge. Er kritisierte die geplante Abschiebung afghanischer Flüchtlinge, da derzeit „keine Rückkehr in Sicherheit und Würde möglich“ sei, hob aber gleichzeitig hervor, dass sich Schleswig-Holstein nicht gegen den Bund stellen werde. Als nächstes sprach er über die Integration, bei der nach anfänglichem Zögern der Bund neben finanzieller auch politische Verantwortung übernommen habe. Die Lage in der öffentlichen Sicherheit habe sich zwar verändert, was insbesondere durch die Festnahme dreier Flüchtlinge, die Terroranschläge geplant haben sollen, im September diesen Jahres deutlich wurde, jedoch ließe sich nicht von Einzelfällen auf alle Flüchtlinge schließen. Für den Landeshaushalt 2017 sei mehr Geld für die öffentliche Sicherheit geplant, insbesondere für die Einstellung von mehr Polizisten – Herr Studt hob an dieser Stelle jedoch hervor, dass die Ausbildung der Kräfte Zeit in Anspruch nehme, und die Ausbildungskapazitäten des Landes nicht überschritten werden könnten. Ein dringendes Problem sei weiterhin die Einbruchskriminalität, welche jedoch nicht aufgrund der Flüchtlinge, sondern durch organisierte Banden, die vor allem aus dem östlichen Europa stammen, gestiegen sei.
Zum Schluss betonte der Innenminister, dass es zwar im Moment keine konkrete Bedrohung durch den sogenannten „Islamischen Staat“ o.Ä. gebe, trotzdem befände sich Deutschland und somit auch Schleswig-Holstein grundsätzlich im Fadenkreuz terroristischer Vereinigungen. In der anschließenden Diskussion sprachen wir über viele verschiedene Themen. Zunächst ging es um Kernthemen der anstehenden Landtagswahl am 7. Mai 2017: Flüchtlinge würden dabei nur dann eine größere Rolle spielen, wenn sich die Lage ändern würde. Dies sei jedoch vollkommen unvorhersehbar, betonte Studt. Eher werde es um Abschiebungen gehen, und auch die innere Sicherheit werde ein wichtiges Thema sein. Im Hinblick auf die Ereignisse der Kölner Silvesternacht zum Jahreswechsel 2015/16 sagte der Innenminister, dass es sich dabei nicht zwingend um flüchtlingsspezifische Kriminalität gehandelt habe, da viele der vermeintlichen Täter bereits seit vielen Jahren in Deutschland lebten, und von der Politik und der Gesellschaft vernachlässigt wurden. Darüber hinaus brauche es ein Einwanderungsgesetz, für das sich die Landesregierung im Bundesrat einsetze, damit die vielen komplizierten Verfahren vereinheitlicht und vereinfacht werden könnten. Im weiteren Verlauf der Diskussion wurde ebenfalls die Zusammenarbeit des Landes mit den Kommunen, z.B. in Bezug auf leerstehende Flüchtlingsheime und die Integration auch in das deutsche Wertesystem angesprochen.
Weitere Themen waren u.a. der demographische Wandel, der sich auch in der Polizei bemerkbar mache sowie die Notwendigkeit einer besseren Ausrüstung der Beamten mit Schutzwesten und die Debatte um durchschlagskräftigere Waffen. Studt problematisierte in diesem Zusammenhang außerdem die zunehmenden Übergriffe auf Polizeibeamte und Rettungskräfte, was nicht nur ein landesweites, sondern auch bundesweites Phänomen darstelle Wir diskutierten ebenfalls über die regionale Salafisten-Szene, die immer größer werdende Cyber-Kriminalität sowie über die Reichsbürger Problematik, die auch hier im Lande ernst genommen werden müsse. Der Innenminister rief die TeilnehmerInnen am Ende dazu auf, sich gesellschaftlich und politisch zu engagieren, was in der heutigen Zeit wichtiger denn je sei.
Wir bedanken uns herzlich bei Innenminister Stefan Studt, dass er sich die Zeit für die Diskussion genommen hat, und die Fragen ausführlich beantwortet hat und außerdem bei den TeilnehmerInnen für ihre zahlreichen Fragen und Anmerkungen.