Friedliche Streitbeilegung par excellence – Ein Besuch beim Internationalen Seegerichtshof

 

Gerade in Zeiten des Ukraine-Krieges kann der Eindruck entstehen, dass Staaten ihre Interessen wieder mit der Anwendung von Gewalt durchsetzen wollen. Auch wenn Russland dies zweifelsohne in der Ukraine verfolgt, bieten die Malediven und Mauritius ein Beispiel, wie friedliche Streitbeilegung funktioniert. Gemeinsam mit 16 Studierenden besuchte die Hochschulgruppe Sicherheitspolitik Kiel am 20. Oktober 2022 eine Verhandlung zwischen den Malediven und Mauritius vor dem Internationalen Seegerichtshof (ITLOS) in Hamburg. 

 

Bevor wir uns aber der Verhandlung stellen konnten, war es uns wichtig, alle unsere TeilnehmerInnen auf den gleichen Wissensstand zu bringen. Als Referenten konnten wir  Dr. Erik van Doorn vom Walter-Schücking-Institut für Internationales Recht an der Universität Kiel gewinnen. 

 

Obwohl es sich bei dem Streit von Mauritius und den Malediven nur um die Festlegung von maritimen Grenzen und damit einhergehende wirtschaftliche Rechte geht, offenbarte der Konflikt schnell eine globale sicherheitspolitische Dimension. Denn der Streit entzündet sich an der maritimen Grenzziehung im Zusammenhang mit dem Chagos-Archipel, welches zwar von Großbritannien verwaltet wird, aber vom Vereinigten Königreich an die USA verpachtet wurde. Diese haben auf einer Insel des Archipels eine wichtige Marinebasis, nämlich Diego Garcia. Dr. van Doorn erläuterte, dass der Besitz des Archipels zwar noch nicht final geklärt ist, aber mehrere internationale Gerichte bereits angedeutet haben, dass das Chagos-Archipel als Überbleibsel des Kolonialismus an Mauritius zurückgegeben werden müsse. 

 

Die Souveränität über das Archipel war bereits im Vorfeld des Verfahrens vor dem ITLOS der direkte oder indirekte Gegenstand des Vorverfahrens. Auch wenn diese Frage Diskussionsspielraum eröffneten, wurden alle Fragen durch das ITLOS so beantwortet, dass das Hauptverfahren eröffnet werden konnte. Neben rechtlichen Bedenken spiele wohl auch die Tatsache eine Rolle, dass „Richter gerne urteilen“. 

 

Die Verhandlung fand sowohl auf Englisch als auch auf Französisch statt. Ein Umstand, welcher durch Simultanübersetzung gelöst wurde. Auf Grund des Timings hat unsere Gruppe den Standpunkt der Malediven deutlich ausführlicher mitbekommen. Die angehenden SozialwissenschaftlerIinnen und JuristIinnen haben sich aber trotzdem sowohl in der Pause als auch auf der Rückfahrt sehr kritisch mit der Position auseinandergesetzt und darüber diskutiert. Es ist dabei offenkundig geworden, dass die rechtlichen Pros und Kontras dabei minutiös vor Gericht zerlegt und argumentativ dargelegt werden. 

 

Am Ende des Tages muss festgehalten werden, dass der Prozess der friedlichen Streitbeilegung mit Sicherheit ein lohnenswerter, aber auch hoch technischer Prozess ist, der ZuschauerInnen, die sich nicht jeden Tag damit beschäftigen, einiges abverlangt. Trotz der erschöpften Rückkehr werden wir mit Sicherheit an das ITLOS zurückkehren. 

 

Ein Bericht von Jonathan Ponfick